Ein Beitrag von Marc Jelitto zum
Online-Seminar: "Umweltbildung im Internet"
der Clearingstelle
Umweltbildung des DIE
(November 1999)
Originalveröffentlichung unter: http://www.rz.uni-frankfurt.de/die/pub/jelitto.htm
Zusammenfassung:
Marc Jelitto stellt die Ergänzung der botanischen Exkursionen durch digitale Medien vor.
- Einleitung
- Die digital unterstützte Exkursion
- Zukunftsvision oder Realität?
- Informationen zum Autor
Heutzutage verlaufen botanische Exkursionen häufig nach zwei
Methoden. Entweder zeigt ein Fachmann einige Pflanzenexemplare vor
Ort, nennt ihre deutschen und lateinischen Namen und erläutert
diese kurz, wobei an einem Tag schnell fünfzig bis hundert
Pflanzen zusammenkommen. Oder die Studenten dürfen selber einige
Pflanzen alleine oder im Team bestimmen. Dabei werden weniger
Pflanzen behandelt, diese werden dafür aber gründlicher
analysiert. Bei beiden Methoden sind die Studenten mit einem
Klemmbrett, Papier und Stift "bewaffnet" und tragen ein oder mehrere
Bestimmungsbücher mit sich herum, entweder in Form von
textorientierten Bestimmungsschlüsseln mit vereinzelten
schwarz-weißen Zeichnungen oder populärwissenschaftlichen
Büchern mit Zeichnungen bzw. Fotos der Pflanzen.Teilweise werden
Pflanzen bzw. Pflanzenteile wie Blätter und Blüten zur
späteren Analyse gesammelt, zuhause gepreßt und getrocknet
in einem Herbarium geordnet. Der Fundort der einzelnen Pflanze wird
anhand einer 1:25.000-Karte grob bestimmt und bei der getrockneten
Pflanze notiert.
Die Nachbereitung zuhause besteht aus der Klarschrift der gemachten
Notizen und deren Ergänzung anhand Fachliteratur (z.B.
Prüfung des lateinischen Namens). Dabei werden die Daten auf
Karteikarten aufgebracht, um sie alphabetisch ordnen zu können.
Problematisch ist es, daß bei einer Vielzahl von betrachteten
Pflanzen die Erinnerungen an das Aussehen einzelner Exemplare schwer
fällt.
Wo früher Karteikarten eingesetzt wurden, werden inzwischen Datenbanken eingesetzt, in denen die Daten einfacher erfaßt, geprüft und ausgetauscht werden können. Welche Unterstützung kann die digitale Technik heutzutage und in Zukunft noch bieten?
Die Exkursion selbst wird wie bisher durchgeführt werden.
Eine Vorbereitung ist für den einzelnen Studenten allerdings
einfach möglich, da die Daten der Vorexkursionen den Teilnehmern
im Internet zur Verfügung stehen. Bei jeder Exkursion werden
entweder Aufnahmen mit einer digitalen Videokamera gemacht, um einen
Eindruck der Landschaft bzw. der einzelnen Standorte zu erhalten,
oder mit einer digitalen Kamera mehrere Photos gemacht, die 360-Grad
abdecken. Aus den Photos wird dann ein Quicktime-VR-Panorama
erstellt, in dem man wie vor Ort einen Rundblick genießen kann.
Es ist auch möglich, einzelne sogenannte "Hotspots" über
einzelne Pflanzen zu legen, d.h. man klickt z.B. mit der Maus auf
einen Baum und erhält eine WWW-Seite mit botanischen
Informationen zu diesem Baum. Diese WWW-Seite wird automatisch aus
einer Datenbank erstellt, die von Studenten aus dem vorigen Seminar
gefüllt wurde.
Jeder Student macht während der Exkursion von 5-10 der
vorgestellten Pflanzen digitale Photos, und zwar ein Vollbild von der
ganzen Pflanze, je ein Bild von der Vor- und Rückseite des
Blattes und, falls vorhanden, auch von der Blüte oder der
Frucht. Bei den Detailaufnahmen setzt er einen schwarzen Hintergrund
ein, um störende Elemente auszublenden, die eine genaue
Betrachtung des Blattes am Monitor erschweren.
Bei Besonderheiten, die z.B. zu einer genauen Bestimmung der
Pflanze beitragen können, werden per Makro Großaufnahmen
gemacht. Die so erzeugten Bilder sind bei der Nachbereitung sehr
hilfreich, weil der Student die Pflanzennamen so mit den bekannten
Einzelexemplare, die er auf der Exkursion gesehen hat, besser in
Verbindung bringen kann.
Der Standort der Pflanzen wird mit Hilfe des Global Positioning
System (GPS) auf bis zu drei Metern genau bestimmt (unter bestimmten
Umständen ist auch eine Bestimmung bis auf wenige Zentimeter
möglich), so daß die Pflanzen vor Ort leicht auffindbar
sind. Die Kommentare des Fachmanns werden per Stift in einen Personal
Digital Assistant (PDA) eingetragen oder per Tastatur in ein Laptop
eingegeben. Statt Bestimmungsbücher wird ein Computerprogramm
eingesetzt.
Die Nachbereitung zuhause besteht aus der Ergänzung der
Informationen durch Auswertung von Büchern, CD-ROM´s und
Online-Datenbanken. Nachdem die Bilder auf den Rechner gespielt und
in die Datenbank eingelesen wurden, werden die 5-10 Datensätze
an den Dozenten weitergeleitet. Nach einer Überprüfung des
Textes und der richtigen Zuordnung der Bilder werden die
Datensätze in die Gesamtdatenbank importiert und stehen sofort
allen Studenten im Internet zur Verfügung.
Wenn die 360-Grad-Panoramen erstellt sind, werden die dortigen
Pflanzen mit der Datenbank verknüpft. Durch die Verküpfung
der GPS-Daten mit einem geografischen Informationssystem (GIS) ist es
möglich, die Standorte über eine Landkarte zu finden und
auszuwählen. Das so entstandene Produkt kann einerseits von
Studenten zur Vor- und Nachbereitung genutzt werden und steht auch
der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung.
Die oben beschriebene digital unterstützte Exkursion ist
heute schon machbar. Hier wurde ein Beispiel aus dem
universitären Bereich beschrieben, da die Methode hier teilweise
schon realisiert wird. Das Modell ist auch auf andere Bereiche
übertragbar, die Kosten für Hard- und Software einer
Grundausstattung liegen bei ca. 10.000 DM. Die von den einzelnen
Teilnehmern einer Exkursion gemachten Bilder können diesen auch
per CD-ROM zur späteren Weiterverarbeitung mitgegeben werden.
Neben botanischem Wissen können bei einem solchen Seminar auch
(erste) Erfahrungen mit digitalen Medien gesammelt werden. Aufgrund
der vorliegenden Bilder der gesehenen Pflanzen kann vermutlich auch
der Lerneffekt verbessert werden.
Eine faunistische Exkursion ist schwerer mit digitalen Mitteln
durchzuführen, da Tiere bekanntlich nicht stillhalten. Es kann
allerdings z.B. in Umweltzentren sinnvoll sein, Tiere, die auf einer
Exkursion nur zu hören waren, auf einem Computer als Photo oder
in einem Video zu zeigen.
Marc Jelitto (marc@uni-lueneburg.de) ist Doktorant am Institut für Umweltkommunikation an der Universität Lüneburg und ist dort in der Lehre zu den Bereichen "Multimedia und Umweltbildung" tätig. Seine Doktorarbeit schreibt er als DBU-Stipendiant über "Umweltbezogene Computeranwendungen für Besucher - Verbreitung und Nutzungs-Evaluation". Zudem beschäftigt er sich mit der "Evaluation im Bereich digitaler Medien".
Anwendungsbeispiel von Quicktime-VR von der EXPO 2000 (setzt Quicktime-Plugin voraus)
© 1999 Marc Jelitto