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Neue Medien - Neue Dimensionen für Umweltausstellungen?

Online-Version: http://marcjelitto.de/tagungen/luen2002/volltext.htm

Neue technische Möglichkeiten werden schon seit langer Zeit für den Einsatz in Ausstellungen angedacht und eingesetzt. So beschreibt Charles Babagge 1851 den möglichen Einsatz einer Eisenbahn, die Besucher durch eine Ausstellung befördert (Babagge 1851, 39; in Spencer 2001, 155). 1892 setzt Frederick Horniman in einem Londoner Museum elektrisches Licht zur Beleuchtung der Ausstellungsobjekte ein (Bugler 1978; in Spencer 2001, 156). Auf der Fachtagung „Natürlich lernen" des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) in Hannover 1997 wurde in einem Tagungsteil unter modernen Medien Film, Fernsehen und Video behandelt. Seit einigen Jahren verbindet man den Begriff "Neue Medien" mit den Möglichkeiten, die der Computer bietet. Ich werde in diesem Einführungsvortrag von digitalen Medien sprechen. Es geht dabei um die Möglichkeiten, die digitale Medien für Ausstellungen im Umweltbereich bieten.

Ich unterscheide dabei drei Nutzungsfelder (siehe auch Jelitto 2001). Dabei handelt es sich erstens um Software, die meist auf Datenträgern wie CD-ROMs (Offline-Medien) verbreitet wird, zweitens um den Gebrauch von Internet-Diensten (Online-Medien), wo unter anderem E-mail und das WWW (World Wide Web) genutzt werden, und drittens um den Einsatz digitaler Techniken in den Ausstellungen selber (Inhouse-Medien).

Unter Software verstehe ich ein eigenständiges Computerprogramm, welches entweder per Datenträger wie Diskette, CD-ROM oder DVD verbreitet oder als Datei aus dem Internet runtergeladen wird. Diese Software kann als Ersatz für Ausstellungskataloge eingesetzt werden, die häufig von Besuchern als Andenken mitgenommen werden. Sie können auch eine Einnahmequelle werden, obwohl dies nur selten der Fall sein wird. Die Software kann auch als Begleitpublikation eingesetzt werden, d.h. es werden über die Ausstellung hinausgehende Informationen veröffentlicht. Sie wird als Medium für die Vor- und Nachbereitung eines Besuches eingesetzt und eignet sich auch als Lernmedium zum Einsatz in Schulen und Hochschulen.

Das Internet ist ein weltweiter Zusammenschluß von Computern, bei dem auf zahlreiche Dienste zugegriffen werden kann. Dazu gehören e-mail, WWW, FTP (File-Transfer-Protocol), Webcams usw. E-mail bietet die kostengünstigste Möglichkeit, aktuelle Veranstaltungshinweise zu versenden. Das World Wide Web (WWW) dient als Selbstdarstellungsmedium der Ausstellungseinrichtung und sollte inzwischen zum Standardwerkzeug der Öffentlichkeitsarbeit gehören. Es kann auch zur Dokumentation über vergangene Sonderausstellungen eingesetzt werden. Immer wichtiger wird das Angebot von Vor- und Nachbereitungsmöglichkeiten für die Besucher. Per FTP kann Software runtergeladen werden, die auf dem Rechner dann ohne Online-Verbindung abgespielt wird. Auch Dateien wie Word- oder PDF-Dokumente werden per FTP auf den eigenen Rechner gespielt. Wichtig ist auch die Möglichkeit der Kommunikation, d.h. (potentielle) Besucher können sich im Vorfeld nach bestimmten Informationen erkundigen, die sie dann schnell erhalten. Aber auch der wissenschaftliche Austausch findet im Internet statt, wie die Nutzung von Mailinglisten. Per Webcam kann sich ein Besucher live ein Bild von der Ausstellung machen, aber auch bei den Vorbereitungen einer Ausstellung zusehen.

Der Einsatz des Computers in der Ausstellung, ich spreche hier vom Ausstellungsmedium Computer, birgt neue Möglichkeiten. Dabei unterscheide ich zwischen drei Ausprägungen. Als Informationsmittel können Computerterminals, tragbare Informationssysteme und Roboter genutzt werden. In Deutschland werden Computerterminals in den Ausstellungen von Museen seit 1985 eingesetzt (Klein 1986), in Umweltzentren seit 1989 (Nationalpark Bayrischer Wald, eigene Umfrage 1999). Terminals haben sehr unterschiedliche Erscheinungsformen, häufig befindet sich der Computer und ein Monitor innerhalb eines Gehäuses und die Software wird per Trackball oder Touchscreen gesteuert. Im Wasserturm in Lüneburg steht der Computer in einem Nebenraum, auf einer Säule befindet sich ein Trackball und die Software wird per Beamer auf eine Wand projeziert. Mit einer Terminalsoftware kann man zahlreiche Ziele verwirklichen. Die Einsatzmöglichkeiten reichen von einem ausführlichen Informationsangebot über multimediale Quizangebote bis hin zu unterhaltenden Spielen. Besonders hervorzuheben sind Simulationen und die Ergänzung von Ausstellungsobjekten. Manche Terminals werden auch zur Personalunterstützung eingesetzt, d.h. Pädagogen nutzen sie, um bestimmte Ziele zu erreichen. Im Ökologische Schutzstation Steinhuder Meer e.V. wird ein Vogel, der vorher auf einer Exkursion gehört wurde, auf einer CD-ROM mit ausführlichen Informationen gezeigt. Tragbare Informationssysteme ergänzen die Ausstellungsobjekte und sind ein Ersatz für Führungspersonal. Dabei können PDA (Personal Digital Assistant) und Handys eingesetzt werden. Im Carl Bosch Museum in Heidelberg wird ein tragbares Informationssystem eingesetzt. Roboter können als Personalersatz oder zur Unterhaltung eingesetzt werden. Das Museum für Kommunikation in Berlin setzt die Roboter Komm-rein, Also-gut und Mach-mit ein.

[Die digitalen Medien ersetzen teilweise die klassischen Medien, so beim Abspielen von Videos, der Einsatz von Audio-CDs statt Kassetten und Beamer-Präsentationen statt Ton-Dia-Shows. Digitale Medien ergänzen klassische häufig, so kann der Informationsversand bei einer Ausstellung parallel per Post und e-mail erfolgen. Der Computereinsatz bietet auch neue Möglichkeiten, so können per Webcam weltweit Live-Bilder aus der Ausstellung versendet werden, aber auch Bilder von außen in die Ausstellung geholt werden.]

Ich werde jetzt vier Dimensionen nennen, die im Zusammenhang mit digitalen Medien und Ausstellungen eine Rolle spielen. Erstens gibt es neue Möglichkeiten in den Ausstellungen. Dazu gehören ein vertieftes Informationsangebot, die Auswahl zwischen verschiedenen Sprachen, die freie Auswahl der Informationen und der Reihenfolge des Informationsaufrufs usw. Zweitens können die digitalen Medien über die Ausstellung hinaus eingesetzt werden. Dazu gehören der Einsatz von Software oder Angebote im Internet, die als Lernhilfen eingesetzt werden können. Drittens tauchen neue Probleme auf. Dabei kann es sich um technische Probleme handeln (seien es defekte Kabel oder Programmierfehler), aber auch um Schwachstellen des Systems (wie ein Mißbrauch der Software). Durch fast unbegrenzten Speicherplatz kann man riesige Datenmengen für den Besucher in einen Terminal ablegen. Dies Informationsvielfalt muß jedoch aufbereitet werden, was einen hohen Entwicklungsaufwand mit sich bringt. Das Angebot von Webseiten unter Nennung einer e-mail-Adresse kann zu einem hohen Aufkommen von zu beantwortenden e-mails führen. Viertens bietet der Computer neue Evaluationsmöglichkeiten. Besonders der Einbau von automatischen Protokollierungssoftware kann ohne ständigen Personaleinsatz zahlreiche Informationen liefern.

Folgend finden Sie noch weiterführende Hinweise.

Marc Jelitto, Lüneburg den 21.02.2002

Literatur:

Babagge, C. (1851). The Exposition of 1851 : of Views of the Industry, the Science, and the Government of England. London, John Murray.
Bugler, J. (1978). "Chamber of Horrors" The New Society 1(6): 55 - 56.
Jelitto, M. (2001): Digitale Umweltkommunikation : Klassische Medien vs. Neue Medien
http://www.marcjelitto.de/mmub/kvsn.htm Stand: 02.2002
Klein, H. J. (1986). Dialogische Bildschirm-Informationssysteme und ihre Nutzung durch Besucher. In: H. Auer [Hrsg.]. Chancen und Grenzen moderner Technologien im Museum. München [u.a.], Saur: 187-199.
Spencer, H. A. D. (2001). Exhibition Development. In: G. D. Lord and B. Lord [Hrsg.]. The Manual of Museum Planning. Walnut Creek, CA, Altamira Press: 155-166.

Beispiele / fortführende Hinweise:

Software
Verkauf-CD-ROM "Moor erleben - Moor schützen"
(Naturschutz- und Informationszentrum (NIZ), Goldenstedt)
http://mail.vechta.com/virtuell/d-tour/moor.htm
 
Verknüpfung Software - Ausstellung
Verkauf-CD-ROM der Ausstellung an einem Computer nutzbar machen (ggf. im Shop)
Verkauf-CD-ROM als Terminalsoftware einsetzen
(Naturschutz- und Informationszentrum (NIZ), Goldenstedt)
Gekaufte CD-ROM als Terminalsoftware einsetzen
(Multimar-Wattforum, Tönning;
http://www.multimar-wattforum.de/
Ökologische Schutzstation Steinhuder Meer e.V., Wunstorf
http://www.oessm.org/ )
 
Internet
Mailinglisten
http://ausstellungsmediumcomputer.de/links.htm#mailinglisten

Ausstellungsorte
Museen: http://www.museen.de/
Umweltzentren: http://www.umwelt.org/uwz/

 

Weidner, Marcus (2001): Museen ins Internet / World Wide Web! Hinweise zur Planung, Konzeption und Realisierung von Web-Sites für Museen

http://www.altertumsverein-paderborn.de/vl/mus-int.htm Stand: 02.2002

 
Verknüpfung Internet - Ausstellung
1. Wanderausstellung ins Netz, präsentiert und erweitert

Ausstellung: E-mails aus der Zukunft

BUND Berlin im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
http://www.zukunft-mails.de/  

Informationen zur entleihbaren Ausstellung:
http://www.zukunft-mails.de/real/index.html

Begleitartikel:
Schemeit, Christine (2002): E-mails aus der Zukunft : Eine Ausstellung des BUND Berlin
In: 21 Das Leben gestalten lernen. Heft 1

2. Live-Aufnahmen aus der Ausstellung (Webcam)

Webcams bieten zahlreiche Möglichkeiten wie die Übertragung von Sonderveranstaltungen wie eine Ausstellungseröffnung, die Beobachtung bei der Ausstellungsentwicklung, das Betrachten des geliebten Tieres, das Wetter vor Ort...

Linksammlung:
http://ausstellungsmediumcomputer.de/technik/webcams.htm

3. Das Netz in die Ausstellung holen

Aufnahmen einer Webcam wie die eines Wasserlochs in Afrika können neue Möglichkeiten für Computerterminals schaffen
http://www.africam.com/

 
Computerterminals (Ausstellungsmedium Computer)
Informationsseite (Hinweise zu Standorten, Literatur, Links, Forschungsmaterialien):
http://ausstellungsmediumcomputer.de/
 
Tragbare Informationssysteme
Einsatzort in Deutschland: Carl Bosch Museum, Heidelberg
Linksammlung:
http://ausstellungsmediumcomputer.de/technik/tragbar.htm
 
Roboter
Standort in Deutschland: Museum für Kommunikation, Berlin
Linksammlung:
http://ausstellungsmediumcomputer.de/technik/roboter.htm

© Marc Jelitto 2002, marc@evaluieren.de